5. August
Der Blick geht die 10 Stufen herunter und über den Strand hinweg, folgt dem hölzernen Steg in die Ferne und schweift über die Insel Efate, die wir vor zwei Stunden verlassen haben. Unser Gästehaus liegt malerisch am Strand, der Klang der Wellen mischt sich dabei mit dem Gesang von Vögeln, die im Baum über uns sitzen. Eine idyllische Szenerie, um ein paar Zeilen aufzuschreiben.
4. August
Vögel hatte es auf Efate schon unzählige, jedenfalls dem Geräuschpegel nach zu urteilen, den sie verursachten. Gesehen hat man sie jedoch nur selten, und photographieren war bisher ein ziemlicher Fehlschlag. Dafür habe ich mich in Port Vila eben mit Street photography beschäftigt. Kleine Alltagsszenen festzuhalten kommt mir in Deutschland nicht den Sinn, aber hier bitten die Menschen förmlich darum, photographiert zu werden.
Das Stadtbild Port Vilas ist geprägt von Unmengen Grün, und in den meisten Gärten blühen die Bougainvillea-Sträucher in orange und violett. Auch die Gebäude, überwiegend einstöckig, sind farbenfroh gestaltet. Immer wieder stößt man jedoch auf brachliegende Flächen, auf welchen noch letzte Trümmer eines eingestürzten oder abgerissenen Gebäudes stumm vom Erdbeben vor acht Monaten zeugen, das vierzehn Menschen das Leben kostete.
Seit kaum einer Woche wiedereröffnet ist die Markthalle. Dort verkaufen Frauen in farbenfrohen Kleidern lokale Erzeugnisse. Zwischen Bananen, Pak choi, Maniok Wurzeln, Salat, Tamarinden und Kokosnüssen finden sich auch zahlreiche Produkte, die mir in europäischen Märkten und Läden nie begegnet sind. Auf der anderen Straßenseite hingegen bieten Händler Importe aller Art direkt aus China zum Kauf an. Da Vanuatu über keine produzierende Industrie verfügt und ein reiner Agrarstaat ist, muss alles außer Lebensmitteln teuer importiert werden.
Mit vier weiteren, ebenfalls früher angereisten Mitstreitern geht es von hier weiter zum Nationalmuseum. Dieses entpuppt sich als ein Gebäude, das den Inselstil nachzuahmen versucht, mit einem einzigen großen Raum, in welchem einige Ausstellungsstücke und Erklärtafeln die Geschichte und Kultur des Landes kurz und bündig zusammenfassen. Leider sind auch hier die Folgen des Erdbebens unübersehbar, da in einige Vitrinen noch völliges Durcheinander herrscht.
Am Abend sind auch die letzten Teilnehmer der Reisegruppe eingetroffen. Zusammen mit der Reiseleitung in Form von Basti Hoffmann samt Eltern und Sohn Manuk ist die Gruppe jetzt vollständig. Die Reise kann beginnen.
5. August
Nachdem wir in der Stadt einigen Proviant besorgt haben, geht es im Minibus auf der Ringstraße in Richtung des Hafens, von dem aus wie zur Insel Nguna übersetzen werden. Bei einem Zwischenstopp an einem Strand, der in jedem Reisekatalog seinen Platz finden würde, bietet sich zum ersten Mal die Möglichkeit zu einem Bad und zur Erkundung der Unterwasserwelt mit Brille und Schnorchel. Ich hingegen begegne dort Karl, einem etwas älteren Herrn, der mit dem Netz vom Ufer aus Fische zu fangen versucht und mit dem ich gleich ins Gespräch komme. Einige Damen hingegen fischen mit einer Leine. Es ist faszinierend zu beobachten, wie sie scheinbar mir jedem auswerfen der Angelschnur einen Fang einholen, auch wenn dieser wohl nur unwesentlich mehr als handtellergroß sein dürfte. Als es weiter in Richtung Hafen geht, kaufen wir am Straßenrand noch Kawa-Wurzeln, welche wir benötigen, um am Abend in Dorf eine Kava-Zeremonie abzuhalten.
Am Hafen setzen wir in zwei kleinen Booten über nach Nguna ins Dorf Taloa, wo wir in den kommenden Tagen wohnen werden. Nachdem wir unsere Schlafplätze bezogen haben, erkunde ich ein wenig die Umgebung. Weit komme ich aber nicht, da mich erst eine Gruppe von Frauen darum bittet, sie zu photographieren, und später eine Gruppe etwas achtjähriger Jungs, die mir voller Stolz die Hütte präsentieren, welche sie sich aus Treibholz und einen stück Wellblech als Dach zusammengeschustert haben.
Als mich die Jungs endlich gehen lassen, bricht die Gruppe bereits zur Kava-Zeremonie auf. Dabei wird aus der Wurzel ein Getränk gebraut, welches etwas pfefferig, leicht bitter und ansonsten vor allem erdig schmeckt. Dazu werden Brotstücke und Naval-Nüsse gereicht, um den Geschmack zu neutralisieren. Man sagt dem Kava zwar eine euphorisierende Wirkung nach, bis auf einem leichten Taubheitsgefühl in der Zunge verspüre ich jedoch keine weitere Wirkung. Auch die Träume in der Nacht nach dem Konsum sollen wohl beeinflusst werden. Darauf bin ich gespannt.